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Herbsttagung der Religionslehrer*innen an APS in Kärnten

Herbsttagung der Religionslehrer*innen an APS in Kärnten

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Der Vergleich mit der heurigen Aufführung des „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen drängte sich an diesem Tag förmlich auf: So wie Schauspielstar Tobias Moretti aufgrund einer Lungenentzündung kurzfristig absagen musste, hatte auch Starreferent Joachim Bauer aus demselben Grund sein Kommen zur diesjährigen Herbsttagung der Religionslehrer*innen an Allgemeinen Pflichtschulen absagen müssen. Und so wie Philipp Hochmair als „Ersatz“ einen vielumjubelten Auftritt hinlegte, konnte auch der von Joachim Bauer selbst empfohlene „Ersatz“ den Teilnehmer*innen Sympathien und langen Applaus entlocken. Der Psychologe und Therapeut Dr. Philip Streit, Leiter des steirischen „Instituts für Kind, Jugend und Familie“, konnte die Themenstellung „Kinder und Jugendliche erreichen und motivieren“ mit seinen Ansätzen der „Positiven Psychologie“ und der „Neuen Autorität“ schultauglich und alltagspraktisch aufbereiten.
Mit unkonventionellem Auftreten und im süffisant-steirischen Slang vorgetragenen Anekdoten aus der eigenen langjährigen Erfahrung konnte Streit einige Lacher des Publikums auf seine Seite ziehen. Doch hinter den vordergründig humorvollen Begebenheiten offenbarten sich höchst aktuelle Problemfelder und Herausforderungen des (Schul-)Alltags mit seinen oft schwer zu steuernden Beziehungsdynamiken. Nach einem neuropsychologisch orientierten Einleitungsreferat, das die Bedeutung der Beziehungsdimension im Schulalltag („Resonanz“) auf ihre biologischen Grundlagen hin untersuchte, erläuterte Streit die wesentlichen Eckpfeiler einer Positiven Psychologie im Umgang mit schwierigen Schüler*innen: „Fördere Leidenschaften“, heißt ein Motto, und zwar harmonische, nicht obsessive; „beende niemals die Beziehung“ zu vermeintlich „störenden“ Schüler*innen; und erkenne „Störungen“ als unvollkommene Konfliktlösungsversuche zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse. Diese Aspekte stehen, so Streit, in enger Verbindung mit einer Form der Neuen Autorität, die als Ergebnis des Scheiterns eines Laissez-faire-Kooperatismus in der Erziehung gesehen werden könne. Neue Autorität zeige sich etwa in der Vorgabe klarer Strukturen, z.B. im Alltagsablauf, oder durch Präsenz und wachsame Sorge („Ich bin auch da, wenn du es nicht willst“). Drohen Erziehungs- oder Unterrichtssituationen zu eskalieren, bedarf es, so der Psychologe, disziplinierter Selbstkontrolle und einer Deeskalationsstrategie – diese kann auch in der Beiziehung von Unterstützung bestehen, seien es die Eltern oder bei Akutfällen im Klassenzimmer Respektpersonen wie bspw. der Schulwart. Schlussendlich seien Widerstand und Beharrlichkeit weitere wichtige Bestandteile Neuer Autorität; damit ist das Klarmachen der eigenen Position (stets bei Trennung von Person und Situation) gemeint, die manchmal auch zu „einseitigen Maßnahmen“ führen könne.
Freilich sind viele dieser Aspekte in der einen oder anderen Weise bekannt, freilich arbeiten viele Religionslehrer*innen intuitiv mit vielen dieser Werkzeuge. Philip Streit ließ seine diesbezügliche Wertschätzung des Religionsunterrichts auch durchblicken. Die konzise wie unterhaltsame Zusammenfassung des Themenfeldes war somit Bestätigung, Bestärkung und Ermutigung zugleich.
Philip Streit hatte am Beginn der Tagung den Begriff der „Resonanz“ als Schlüsselwort gelungener Beziehung eingeführt. Resonanz im Sinne eines gemeinsamen Schwingens derselben Hirnregionen sei die Voraussetzung für das, was Neuropsycholog*innen „Liebe“ nennen. Resonanz könne zwar nicht erzwungen werden, aber in der achtsamen Beziehungspflege plötzlich „auftauchen“. Der Applaus am Ende der Tagung gab einen Eindruck davon, wie Resonanz auftauchen kann. So hatte auch St. Georgen ein Salzburger Festspiel.

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